Wie China versucht, die Kultur der Uiguren (Uyghuren) auszulöschen

 

Terrorangst und wirtschaftliche Interessen: China arbeitet in der westlichen Provinz Xinjiang (Uyghuristan) an der Zwangssinisierung der Menschen.

Polizisten gehen Streife in Kashgar

Die Uiguren (Uyghuren) sind ein muslimisches Turkvolk mit eigener Sprache und eigener Schrift. Sie leben überwiegend im Westen der Volksrepublik China und machen mit rund zehn Millionen Menschen knapp die Hälfte der Einwohner in der Uigurischen Autonomen Provinz Xinjiang (Uyghuristan) aus, wie das Gebiet seit 1955 offiziell heißt. Im Zuge der bewussten Ansiedlung von Han-Chinesen, die landesweit mit rund 1,2 Milliarden die Mehrheit der etwa 1,4 Milliarden Chinesen insgesamt ausmachen, verringert sich ihr Anteil seit einigen Jahren zusehends. Mehr noch: Unter den 55 von Peking anerkannten nationalen Minderheiten bilden sie die einzige schon immer gefährdete, doch seit einigen Jahren massiv unterdrückte Gruppe. Die ähnlich große Ethnie der muslimischen Hui wird nicht annähernd so schikaniert, weil sie erstens größtenteils aus bekehrten Han-Chinesen besteht und zweitens zum größten Teil Chinesisch spricht.

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Für die Zwangssinisierung der Uiguren (Uyghuren) gibt es Gründe, die bis in die Vorgeschichte der Volksrepublik zurückreichen. So entstand in den Jahren 1933/34 die kurzlebige Islamische Republik Ostturkestan, in der einige wenige terrorbereite Muslime noch immer das Modell einer Loslösung von China erkennen. Vor allem jedoch verfolgt die Zentralregierung mit ihrem „One Belt, One Road“-Projekt, der Neuen Seidenstraße, handfeste ökonomische Interessen, denen die Uiguren (Uyghuren) aus ihrer Sicht nicht zuletzt durch ihre oft noch bäuerliche Lebensweise nur im Wege stehen. Xinjiang (Uyghuristan) dient darüber hinaus auch als Erprobungsterrain für die technologische Überwachung des öffentlichen Raums, die mittelfristig in alle Provinzen exportiert werden soll.


Auch Deutschland ist hellhörig geworden

Nach Monaten von Berichten über die Willkür der hunderttausendfachen Internierung von Uiguren (Uyghuren), die sowohl vom Genfer UN-Komitee gegen Rassendiskriminierung wie von der US-amerikanischen NGO Human Rights Watch vorgetragen wurden, hat das Problem nun auch auch die deutsche Chinapolitik erreicht. Bei seinem Antrittsbesuch in Peking verlangte Außenminister Heiko Maas erst vor wenigen Tagen Transparenz in diesem Menschenrechtskonflikt und sprach sich offen gegen Umerziehungslager aus. Die chinesische Regierung streitet die Existenz von Erziehungsinstitutionen inzwischen nicht mehr völlig ab, zeichnet aber ein anderes Bild von ihrem Charakter. Am 7. November luden überdies Michael Brand (CDU) und Margarete Bause (B’90/Grüne) zu einer Anhörung zur Lage der Uiguren (Uyghuren) in den Bundestag ein. Dabei kam auch das Schicksal des inhaftierten Wirtschaftswissenschaftlers Ilham Tohti zur Sprache.

 

Die Lage ist so vielschichtig, dass man ihr mit einfachen Antworten nicht beikommt – auch im Interesse der Menschen, um die es dabei geht. Dass derzeit die Rechtsstaatlichkeit, die auch China für sich beansprucht, mit Füßen getreten wird, steht allerdings außer Frage. Ilham Lutfi berichtet im nachfolgenden Text über das Schicksal seiner Familie und seine Erfahrungen als Auslandsuigure. Aus Rücksicht auf ihn und seine Angehörigen haben wir seinen Namen geändert, einige persönliche Lebensumstände weggelassen und Details anonymisiert. Lutfi kann derzeit wie alle Uiguren (Uyghuren) nicht einmal bei seiner Familie anrufen, ohne dass diese sofortige Konsequenzen fürchten müsste.

 

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Quelle: https://www.tagesspiegel.de/kultur/menschenrechte-wie-china-versucht-die-kultur-der-uiguren-auszuloeschen/23649560.html

 

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