Fragwürdige Antiterror-Allianz

Pakistan, Afghanistan, China und Tadschikistan wollen den Terrorismus bekämpfen, für dessen Entstehen sie mitverantwortlich sind

Vor kurzem verkündete das pakistanische Militär eine neue Anti-Terror-Initiative, die mehrere zentralasiatische Staaten miteinbeziehen soll. Neben Pakistan sollen etwa auch Afghanistan, China sowie Tadschikistan eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Terrorismus in der Region spielen.

Berichten zufolge trafen sich bereits in der vergangenen Woche leitende Militärs der beiden Staaten im chinesischen Urumqi. Die Vier-Länder-Gruppe soll den Austausch von Geheimdiensterkenntnissen und die Ausbildung von Sicherheitskräften koordinieren.

Inwiefern die Allianz Früchte säen wird, bleibt jedoch offen. Alle vier Staaten betrachten sich als Opfer verschiedener extremistischer Gruppierungen. Außer Acht gelassen wird dabei allerdings die Tatsache, dass die repressiven Regime in der Region für das Schüren des Extremismus mitverantwortlich sind. Dies betrifft vor allem China, welches seit Jahren hart gegen die uigurisch-muslimische Minderheit vorgeht, sowie Tadschikistan, dessen Diktator Emomali Rahmon regelmäßig Kritiker und Oppositionelle in seinen Folterkellern verschwinden lässt.

Ein ähnliches Szenario gibt es auch in Afghanistan. Jene Kriegsfürsten, die durch ihre Gewalt in den 1990er-Jahren die reaktionäre Taliban-Bewegung hervorbrachten, bekleiden zum gegenwärtigen Zeitpunkt hohe Regierungsämter, während ihre Milizen und Privatarmeen weiterhin mordend und plündernd durch das Land ziehen. Dies war etwa einer der Gründe, warum die Hauptstadt der nördlichen Provinz Kunduz im letzten Herbst in die Hände der Taliban fiel. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt finden heftige Kämpfe in der Provinz statt. Die meisten Erfolge konnten abermals von den Aufständischen verbucht werden. Teile von Kunduz wurden von den Taliban eingenommen, Menschen fliehen aus der Stadt.

Währenddessen zielte Pakistan jahrelang darauf ab, extremistische Gruppierungen zu fördern und als verlängerten Arm in der Region zu instrumentalisieren. Auf Dauer konnte dies jedoch nicht gut gehen, weshalb Islamabad nun selbst ein massives Extremismus-Problem hat, welches es nicht beiseite wischen kann.

Die undurchsichtige Rolle der Geheimdienste

Dies spielt für den Diskurs in Afghanistan eine wichtige Rolle. Viele Afghanen meinen, dass Islamabad sich nur der Terroristen im eigenen Land entledigen wolle, während man sie anderswo unterstützt. Seit Jahren steht der Vorwurf im Raum, dass die afghanischen Taliban von Pakistan unterstützt werden. Doch auch hier zeichnet sich ein Schwarz-Weiß-Bild ab, wenn man in Betracht zieht, inwiefern die Taliban-Führung seit der Eröffnung ihrer diplomatischen Stelle in Katar versucht, sich von Pakistan loszulösen.

Sowohl der pakistanische als auch der afghanische Geheimdienst wissen die unübersichtliche Lage in der Region für sich ausnutzen. Im vergangenen Jahr hieß es etwa, der afghanische Geheimdienst NDS habe die pakistanischen Taliban (TTP) indirekt gefördert, um Anschläge in Pakistan auszuführen. Doch sobald sich ein neuer Anschlag in Afghanistan ereignet, richten sich selbige Vorwürfe seitens Kabuls an Islamabad.

In diesem Kontext ist auch das Aufkommen des sogenannten Islamischen Staates (IS) in der Region bedeutend. Dass der IS sich erfolgreich in Afghanistan etabliert hat, macht etwa sein jüngster Anschlag in Kabul, der sich an die Minderheit der schiitischen Hazara richtete, deutlich. Schon in den Monaten zuvor hieß es immer wieder, Kabul und Islamabad hätten den Aufstieg des IS gefördert, um eine Spaltung innerhalb der Taliban zu kreieren.

Radikalisierung der Uiguren (Uyghuren)

Auch Tadschikistan und China spielen diesbezüglich eine Rolle. Dass sich etwa viele Uiguren (Uyghuren) dem IS angeschlossen haben, ist kein Zufall. Laut Li Shaoxian, einem Berater der chinesischen Regierung, sollen sich „mehrere hundert oder tausend“ Uiguren (Uyghuren)  auf Seiten des IS befinden. Inwiefern dies der Wahrheit entspricht oder nur aufgebauschte Propaganda darstellt, lässt sich schwer sagen.

Die New America Foundation, eine in Washington ansässige Denkfabrik, kam vor kurzem zum Schluss, dass sich (angeblich) mehr als einhundert Uiguren (Uyghuren) dem IS angeschlossen haben. In dem veröffentlichten Bericht werden vor allem sozioökonomische Faktoren für die Radikalisierung der Uiguren (Uyghuren) genannt.

Dass sich Uiguren (Uyghuren)  in den letzten Jahren verschiedenen extremistischen Gruppierungen angeschlossen haben, steht außer Frage. Viele Beobachter sehen darin eine Reaktion auf die jahrelangen Repressionen Pekings. Selbiges gilt auch für Tadschikistan. Mehrere führende Mitglieder des IS im Irak und in Syrien sind Tadschiken. Einer von ihnen, Gulmurod Khalimov, war etwa Kommandant einer Elite-Gruppe, die sowohl von Russland als auch von den USA für den Anti-Terror-Kampf ausgebildet wurde (Tadschikistan: Verdrängte Diktatur).

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Quelle: http://www.heise.de/tp/artikel/49/49186/1.html

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