(Währungskrieg mit Russland und China) Wie die USA mit der Dollar-Waffe die Welt unterjochen

Makler an der Wall Street: Von einer makellosen Erholung der US-Konjunktur kann weiter keine Rede sein.

Der Kolonialismus ist nicht vorbei: Heute versuchen die globalen Großmächte, die Welt mit Hilfe ihrer Währung zu beherrschen. Am erfolgreichsten sind darin die USA – doch die Herausforderer werden immer stärker.

Die großen Notenbanken der Welt liefern sich aktuell einen Abwertungswettbewerb, um die landeseigene Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und über höhere Importpreise Inflation zu generieren.

Doch dieser „Währungskrieg“ ist nur ein vordergründiges Phänomen aktueller Währungspolitik. Vielmehr etabliert sich die Praxis, währungspolitische Maßnahmen einzuleiten, um langfristig geostrategische und wirtschaftliche Ziele zu erreichen.

Das bedeutet einen tiefgreifenden und strukturellen Wandel des Währungsmarktes: Es entsteht eine Art „Währungsmerkantilismus“, der mit der Epoche des Merkantilismus zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert nicht nur globales Machtstreben, sondern auch wirtschaftliche, politische und militärische Konfliktträchtigkeit gemein hat.

 

Globale Machtstellung

Zentral für den Merkantilismus war die Finanzierung eines stehenden Heeres durch Exportüberschüsse, um so eine globale Machtstellung zu erreichen oder zu festigen. Dabei wurden Wettbewerber vom Handel ausgeschlossen. Staatlich monopolisierte Handelsunternehmen – wie etwa die britische Ost-Indien-Kompanie – gründeten Kolonien und ordneten diese dem jeweiligen Herrschaftsbereich zu.

De facto wurde die Welt in konkurrierende Wirtschaftszonen aufgeteilt, die sich häufig auch militärisch auseinandersetzten, um Marktanteile zu gewinnen und ihre jeweilige Stellung zu festigen.

Aktuell, in einer Situation strukturell schwachen Wachstums, stehen die politischen Akteure erneut unter Druck, Wohlstand und Einfluss zu sichern. Wie zur Zeit des Merkantilismus bilden sich konkurrierende Wirtschaftsräume, die entweder über Wirtschafts- und Währungsunionen (z.B. Eurozone) oder über Handelsabkommen exklusiv zusammenwachsen.

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Neue Kolonialmacht

Die heutige Ost-Indien-Kompanie ist dabei die eigene Währung: Anstelle staatlicher Handelsunternehmen, die Teile der Welt kolonialisieren, bestimmen nun die eigenen Währungsgrenzen und die mit ihnen verbundene Finanzarchitektur den wirtschaftlichen und politischen Machtbereich.

Im Fokus steht die Verbreitung der eigenen Währung als Transaktionsmittel im Rahmen von Handelsabkommen. Die Truppen der Ost-Indien-Kompanie werden heute durch den Einsatz der Währung als Waffe ersetzt.

So lässt sich einerseits die eigene Währung in echte Waffen ummünzen: Hat sie den Status einer Reservewährung erreicht, so bedingt der damit einhergehende natürliche Bedarf an ihr eine enorme Finanzierungsquelle. So etwa in den USA, die aufgrund des Bretton-Woods-Abkommens den Vorteil genießen, dass die wichtigsten Rohstoffe in US-Dollar gehandelt werden.

Währung als Waffe

Dadurch müssen alle Länder US-Dollar vorhalten und nachfragen. Über 80 Prozent des Welthandels werden in US-Dollar abgewickelt. Dementsprechend werden mehr als 60 Prozent der globalen Währungsreserven in US-Dollar gehalten.

Nach einer Transaktion wird das Geld in der Regel in US-Staatsanleihen geparkt, dem mit 11,6 Billionen Dollar  Volumen weltweit größten Anleihemarkt. Diese Quelle ermöglicht es den USA, den mit Abstand weltweit größten Militäretat von jährlich 640 Milliarden Dollar zu unterhalten.

Doch militärisch sind nicht alle Konflikte zu gewinnen, wie die Abenteuer im Irak und Afghanistan gezeigt haben. Hier kommt das zweite Einsatzgebiet der „Währung als Waffe“ ins Spiel.

Jörg Rohmann

Zwang zum Dollar

Zum anderen können nämlich auch der systematische Ausschluss und die Isolierung von der eigenen Währung und des damit verbundenen Finanzsystems als Waffe eingesetzt werden. Die USA praktizieren dies aktuell gegenüber Argentinien, dem Iran und Russland, indem sie diese Länder entweder vom Handel in US-Dollar und/oder von Finanzierungsmöglichkeiten an den westlichen Finanzmärkten ausschließen.

Schwellenländer unterliegen dem Zwang, in US-Dollar oder einer anderen etablierten Währung zu handeln und Schulden aufzunehmen. In allen drei Ländern führt dies zu Devisenknappheit, einer drastischen Abwertung der lokalen Währung, Kapitalflucht, hoher Inflation und einem Investitionsstopp. Die ohnehin fragilen Volkswirtschaften geraten noch weiter in die Krise.

Dies dient dem Zweck, die US-Vormachtstellung in der Welt zu sichern und die Machtverschiebung von West nach Ost zu verhindern: Mit allen drei genannten Ländern tragen die USA einen geostrategischen Konflikt aus.

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Gier nach Gas

In Argentinien geht es um die drittgrößten unkonventionellen Gasreserven, die bisher US-Unternehmen verschlossen sind. Im Iran und in Russland geht es ebenfalls um den Rohstoffhandel: Als wichtige Lieferanten könnten sie sich auch wegen der räumlichen Nachbarschaft weiter an China annähern und den chinesischen Yuan als Ersatz für den US-Dollar akzeptieren. Perspektivisch könnte hier ein eurasischer Wirtschaftsblock entstehen.

China treibt dieses Projekt unter dem tiefgründigen Projektnamen „Neue Seidenstraße“ voran – ein Szenario, das die USA aus den genannten Gründen mit allen Mitteln verhindern wollen. Im Rahmen einer Vereinbarung im Nuklearkonflikt wird dem Iran wahrscheinlich die zivile Nutzung der Atomenergie erlaubt, wenn im Gegenzug der US-Dollar auch als Transaktionsmittel für iranisches Öl und Gas verwendet wird.

Washington versucht, eine Währungsgrenze zu ziehen, um das Seidenstraßenprojekt zu torpedieren.

Jörg Rohmann

Russland als Feind

Im Ukraine-Konflikt mit Russland werden zwei Ziele verfolgt. Einerseits soll die langfristig unabwendbare Annäherung zwischen China und Russland verhindert werden. Das Kalkül ist einfach: China wird sich nicht direkt in den Konflikt hineinziehen lassen und auf Abstand mit Russland gehen.

Andererseits sollen die Europäer durch einen neuen, alten Feind ihre russischen Energielieferungen perspektivisch durch US-Öl und -Gas ersetzen und weiterhin in US-Dollar bezahlen. Das angestrebte Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA ist in diesem Zusammenhang einzuordnen.

Ein weiterer Schauplatz ist der asiatisch-pazifische Raum. Wie der APEC-Gipfel gezeigt hat, versuchen die USA, ihre Position durch ein Freihandelsabkommen zu konsolidieren, das Japan und andere Verbündete einschließt, aber China als Mitglied ablehnt.

In beiden Fällen wird mit den Freihandelsabkommen eine Währungsgrenze etabliert, die den US-Dollar als Handelswährung zementieren und die Verbreitung des  Yuan verhindern soll.